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Ihr Festivalteam

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Janna Kapustnikava

DAZHYNKI

DEUTSCH

Von der Vielzahl der Feiertage auf der Erde ist das Erntedankfest vielleicht der wichtigste, freundlichste und ehrlichste. Unter verschiedensten Bezeichnungen feiern es seit jeher alle Völker und Kulturen, was eine gemeinsame und höhere Bedeutung hat – dankbar für die geleistete Arbeit zu sein und eine Bilanz zu ziehen. Und auch wenn die Arbeit schwer war, aber ihr Ergebnis deutlich genug ist, bringt sie Freude, Vertrauen und Hoffnung auf bessere Zeiten. Sie verleiht dem Leben Kraft und Sinn.

Mein Feldanteil ist meine Werkstatt und diese Ausstellung ist meine “persönliche Ernte”. Ich habe mir das Thema nicht ausgesucht – es hat mich “auserwählt”. Man könnte meinen, dass mich plötzlich ein nationales Selbstbewusstsein überkam, obwohl ich jetzt verstehe, dass die Anzeichen dafür schon vorher da waren.

Gleich nach der Akademie in den 90er Jahren hatte ich die Gelegenheit, mit traditionellem Trachten zu arbeiten. Ich werde meinem ersten Kunden immer dankbar sein, für die erlaubte Freiheit, meine Wünsche umzusetzen. Und wahrscheinlich war er derjenige, der den ersten Samen in den noch nicht ausgereiften Boden gesät hat. Die Zeit verging, danach folgten der Staatliche Nationalchor und viele einfache, sehr ehrliche und in die Folklore verliebte Volksbands, die zweifellos die Kultivierung dieses Samens beeinflusst haben, nur habe ich es damals nicht gemerkt.

Theater, Kino und Fernsehen reihten sich an, ich traf auf neue Menschen und erlebte Illusionen, welche mich teilweise enttäuscht haben. Und ich erkannte, dass Hunderte von Trachten – das Beste und das Wichtigste waren, was ich in meinem kreativen Leben je erschaffen hatte… Schließlich blieb mir nur noch die Malerei übrig. Sogar sehr viel davon. So wie die damit verbundenen Begegnungen und wiederholten Illusionen.

Einen weiteren Impuls zu meiner nationalen Selbstidentifikation hat mir die Entdeckung des Geburtsortes meiner Mutter gegeben – Polesien, die immer noch eine Sperrzone ist. Ich war 2011 mit meinem Sohn dort und wir spürten eine starke Verbindung zu diesem Ort, obwohl wir beide in einer anderen Stadt geboren und aufgewachsen sind… Mir wurde klar, woher mein Verlangen nach hellen Farben stammt! Es ist eine verbreitete Meinung, dass die belarussischen Farben bescheiden sind: grau, trüb, sumpfig, wegen des Sonnenmangels. Es gibt nur 50 (!) Sonnentage im Jahr…

Was für ein Himmel hat Polesien! Und der weiße Sand, violette Farbtöne, lila Heidekraut, orangefarbene Sonnenuntergänge zwischen den Kiefern… Und Blumen! Es gibt doch noch keinen Namen für die Farbe einer Wiesennelke, die auf dem Sand wächst! Die Menschen schmückten ihre Häuser mit dieser ganzen Farbenpracht, und übertrugen sie auf ihre Stickereien, Webereien und Handmalerei.

Ich habe einige Elemente der traditionellen Handmalerei sowie technische und kompositorische Tricks in meinen „Dazhynki“ angewendet und verstärkte die Farben. In diesen Bildern leben, ruhen und arbeiten sehr schöne und freundliche Belarussen. Junge und alte, große und kleine, fröhliche und traurige. Das Paradies kann wohl auch traurig sein, nicht nur das übliche Leben… Und es gibt immer einen Platz für Ironie, die uns allen manchmal wie die Sonne fehlt.”

 

Janna Kapustnikava, 2013

 

ENGLISCH

Out of all celebrations, the harvest festival is perhaps, the most important, kind and fair. This festival has different names throughout world cultures, and exists for centuries with one common and great purpose — confidence that the accomplished work was not in vain. Even if the work was hard, its results bring joy and confidence, hope and faith in a better tomorrow. It gives the power and meaning of life. My field is my works and this exhibition is my personal “Dazhynki”. I didn’t choose this topic – the topic chose me. It’s possible to say that now I know my real national identity after understanding my past…. In the 1990’s right after the Belarussian Academy of Arts I worked a lot with a national stage costume. I will always be grateful to Vladimir Mulyavin who was my first customer and who gave me freedom to do what I wanted. This “planted the first seed in yet unprepared soil”. Time passed by, after the soviet band “Pesnyary” I worked with the state folk choirs and with many simple, yet very honest and folklore-loving amateur bands. These works also influenced the cultivation of the “seed”, although I did not notice it back then. Later there was a period of the theatre, cinema and television. I met many new people, had many illusions and disappointments sometimes… Another reason for my national identity is the place of my mother’s birth and childhood – Polesye, which is now a prohibited area. In 2011 me and my son visited that area and clearly felt a strong connection to it, despite the fact that we both were born and brought up in another city. There I understood my thirst for bright colours. It’s considered that Belarusian colours are dull and grey due to the lack of the sun with only 50 sunny days in the year. But Polesye has such a blue sky there, white sand, purple shades, green moorland, terrific sunset, orange sand dunes among pine trees and beautiful vibrant flowers. It is impossible to give a name to the colour of a simple meadow flower growing on the sand, better than any tropical fuchsia! All the variety of colours from the country people were bringing into their houses on embroidery, weaving and paintings. Some elements and compositional ideas of traditional painting techniques “malyavanki” I used in my “Dazhynki”, for example intensifying colours. On the paintings you can see beautiful and kind Belarusians, their life-, work and leisure-style, young and elderly, big and little, happy and occasionally sad. Because even in heaven there is some sadness possible. And there is always some place left for irony and self-irony, which we sometimes miss like the sun…”

 

Janna Kapustnikava, 2013

 

1

Die Erlösung
Leinwand, Tempera, Acryl
150х200 cm
2012

 

Dicke grüne Stängel auf den müden Rapsfeldern liegen aufeinander, mit unterschiedlicher Ausrichtung, wie ein grünes Bärenfell neben dem Kamin. Das Ganze ist undurchdringlich für die heiße Juli-Sonne. Das endlose Meer aus Grün dehnt sich geschmeidig zur Haspel des dröhnenden Mähdreschers.
In der Kabine ist es dagegen viel ruhiger – nur der disharmonische Dubstep-Rhythmus des Dreschwerks ist zu hören, und ein Blick durch die Heckscheibe in den Korntank offenbart einen schnell heraufsteigenden Hügel aus dunkelbraunen Perlen – unserem belarussischen Braungold.
Der Mähdrescher schneidet die grüne Markise durch, es bleibt nur noch die letzte Reihe. Rechts und links ist ein gelb-brauner, bereits ausgetrockneter Lehm, auf dem die Störche laufen. Dann erhebt sich irgendwo aus der Rapssaat ein kleiner Vogel mit spitzen Flügeln.
Als in einer Minute wie Lehm gelbbraune Klumpen beginnen, sich nach rechts und links zu zerstreuen und Störchen auszuweichen, wird klar, dass es sich um die Entenküken handelt, verlassen von Ihrer Entenmutter im Angesicht der drohenden rumpelnden Katastrophe. Der Erntehelfer springt vom Trittbrett und verscheucht die widerwilligen Störche, die nun ihre rechtmäßige Beute verloren haben.
Die Entenküken laufen sehr schnell, und wenn der Helfer sie einholt, ändern sie abrupt die Richtung ohne dabei zu merken, dass sie direkt in seine Hände laufen. Gefangen, versuchen sie ihn mit ihren schwachen Schnäbeln zu beißen und verstecken sich schließlich unter einem Sitz in der hintersten Ecke der Kabine, zwischen den Schraubenschlüsseln und Feuerlöschern.

/ Georgy Kapustnikau, 2013 /

 

Salvation (Hall of Fame)
tempera, acrylic on canvas
150х200 cm
2012

 

Thick green stalks of the tired rapeseed fields lie on each other, combed in different directions, like a green bearskin near the fireplace. Even the hot July sun can’t penetrate the tight constructions. Endless green sea stretches facilely to the reel of the roaring combine. 
However, it’s much quieter in the cabin, you can only hear the discordant rhythm of the threshing system, but if you look at the rear glass, you can see how a peaked hill of brown bread if growing fast in the grain tank. It’s our Belarusian brown gold.
 The combine is cutting quickly the green “tent”, leaving just one last strip. At the right and at the left there is naked and already dry yellowy-brown clay with the storks walking on it. Then somewhere in front a small bird with sharp wings is hopping off.
 A minute later little yellow fluffy balls are trying to escape from storks. Their mother-duck left ducklings in the face of impending disaster.
 The assistant of the combine driver jumps and scares the storks who are leaving unwillingly their prey. Although duckling run very quickly trying to escape, the man catches them. They try to bite the villain with their weak beaks and in the end hide under the seat in the corner among wrenches and fire extinguishers.

/ Georgy Kapustnikau, 2013 /

 

2

Polesien
Leinwand, Tempera, Acryl
150х200 cm
2012

 

Es herrscht die Meinung, dass Störche sehr bald im Laufe der Evolution so kurzbeinig werden wie z.B. die Enten. Denn sie laufen schon lange nicht mehr in großen Gruppen auf den Sümpfen auf der Suche nach Fröschen, sondern nur noch den Mähdreschern hinterher. In der Hoffnung, eine leichte Beute aus denjenigen zu machen, die sich in großer Zahl verstreuen, verkriechen und so unter die Räder geraten, nachdem sie ihren Schutz verloren haben.

 

Polesye
tempera, acrylic on canvas
150х200 cm
2012

It is believed that the storks’s legs in the process of evolution will soon become of the same length as for example the ducks’ ones. Because they don’t go through the swamps in search of frogs anymore but only after combines and tractors. They hope to get an easy prey that escapes from under the wheels losing in panic it’s shelter. (* Polesye is a region in the Republic of Belarus, former USSR)

 

3

Pfifferlinge
Leinwand, Tempera, Acryl
150х200 cm
2012

 

Natürlich ist das Pilzesammeln viel angenehmer als aussortieren und putzen…

Сhanterelles
tempera, acrylic on canvas
150х200 cm
2012

Of course, mushroom hunting is nicer than to check and clean them afterwards…

 

4

In Frieden
Leinwand, Tempera, Acryl
150х200 cm
2012

 

In Peace (This artwork was made under the impression of the poem “Over the river in peace” by Yanka Kupala, y.1911)
tempera, acrylic on canvas
150х200 cm
2012

 

Над ракою ў спакою
 Зацьвітала каліна;
 У сяле за ракою
 Вырастала дзяўчына.
 Да зялёнай каліны
 Прылятала зазюля;
 Да дзяўчыны-маліны
 Удаваўся Януля.
 Над ракой, дзе каліна,
 Сенажаць церабілі;
 У сяле, дзе хлапчына,
 У паход затрубілі.
 Перастала каліна
 У цьвяточкі ўбірацца;

Перастала дзяўчына
 Зь ненаглядным страчацца.
 Бедавала зязюля,
 Што каліны ня стала;
 Бедавала матуля,
 Што дзяўчына ўсыхала.
 Па рацэ гналі хвалі
 Ўдаль галіны каліны;
 Людзі ў рэчцы шукалі
 Самагубкі-дзяўчыны…
 Над ракою ў спакою
 Зацьвіла зноў каліна;
 А ў зямельцы пад ёю
 Спала наша дзяўчына.

 

5

Salz der Erde
Leinwand, Tempera, Acryl
200×150 cm
2012

 

Schon seit Langem – wahrscheinlich seit der Gründung der Kolchosen – werden die Maschinenführer während der Erntesaison koordiniert mit dem Mittagessen versorgt. Direkt auf dem Feld. Mit unterschiedlichen Menüs. Aber aus irgendeinem Grund malen die Künstler den “Heißen Mittag” gerne traditionell. Es wird oft dargestellt, wie eine Frau ihrem Mann das liebevoll eingetupperte Essen direkt auf das Feld bringt.
Dieses Werk trug ursprünglich den Titel “Heißer Mittag”. Doch als die Jungverliebten in aufwallender Leidenschaft das Salz verstreut hatten, entstand ein neuer Name.

 

Salt of the Earth
tempera, acrylic on canvas
200х150 cm
2012

 

For a long time, probably since the collective farms were formed, the combine drivers had their lunch directly on the field. Still artists love to represent “a hot afternoon meal” in a different, rather traditional way. They portray how a woman brings her man a homemade lunchbox, so called “tormozok”. This work was initially called – “Hot Noon”. But after the young lovers scattered salt in a moment of passion another name appeared…

 

6

Alesya die Flüchtige
Leinwand, Tempera, Acryl
150х200 cm
2013

 

… Es war nicht der Bison, vor dem sie weglief, sondern ihr Verlobter. Die Handlung ist auf der banalen internationalen Geschichte einer entflohenen Braut basiert. Alesya lief einfach weg in den Wald, und dort – der Bison…

 

Runaway Alesya
tempera, acrylic on canvas
150х200 cm
2013

 

She did not run away from the bison but from her own groom. This story is based on a mundane international plot about a runaway bride. Alesya ran to the forest and encountered a bison.

 

7

Junger Agronom
Leinwand, Tempera, Acryl
90×200 cm
2012

 

So ein Agronom.

 

Young Agronomist
tempera, acrylic on canvas
90 x 200 cm
2012

 

That’s such an agronomist …

 

8

Milchmädchen
Leinwand, Tempera, Acryl
90х200 cm
2012

 

Natürlich gibt es heutzutage Betriebe, auf welchen die Kühe kaum Milchmädchen sehen. Alle ist mechanisiert. Wenngleich sie heute bewundert werden, werden die Milchmädchen und die Kühe eines Tages einander vermissen, oder zumindest einige von ihnen, denke ich…

 

Milkmaid

tempera, acrylic on canvas
90 x 200 cm
2012

 

Of course, nowadays there are farms where cows have never seen a milkmaid. It is kind of romantic to meet one in the times of machines. I think, one day they (milkmaids and cows), or at least some of them, will miss each other.

 

9

Kirschmarmelade

Leinwand, Tempera, Acryl
150х200 cm
2013 г.

 

Fast jeder von uns, manchmal sogar Männer, musste mindestens einmal im Leben die Kirschen für die Marmelade entkernen.
Das Bild ist uns also vertraut. Der Saft spritzt überall hin. Die Finger kleben aneinander, der Entkerner rutscht durch, Bienen und Wespen stören ununterbrochen.
Kraft und Geduld gehen zu Ende, aber die Kirschen nicht…
Und der Kater denkt sich dabei, es sei im viel lieber, wenn stattdessen die Fische ausgenommen wären.

 

Cherry Jam

tempera, acrylic on canvas
150х200 cm
2013

 

Almost every one of us, sometimes even men, at least once in life had to pit cherries for some cherry jam. 
The juice splashes in different directions. Fingers stick together, bees and wasps attack. 
Strength and patience run out, but cherries not the cherries.
 Just the cat wishes it were fish instead of cherries…

 

10

Maiskinder
Leinwand, Tempera, Acryl
150х200 cm
2013

 

Ein Jäger erzählte mir, dass auf den Feldern in der der Nähe von den Wäldern, besonders in den Schutzgebieten, der Mais speziell für die Wildschweine angebaut wird. Sollten Sie also etwas Mais pflücken gehen, gehen Sie nicht zu tief in das Feld. Die Mutter eines gestreiften Schweinchens kann euch über den Weg laufen.

 

Children of a Corn
tempera, acrylic on canvas
150х200 cm
2013

 

One ranger told us that the corn on the fields close to the forest, especially the protected zone, is planted for wild boars. So, if you’re going there for some corn – do not go too far because you can meet the boar’s mum.

 

11

Sonniges Erdbeerfeld
Leinwand, Tempera, Acryl
170х200 cm
2013

 

Bekannterweise wurden die Hochzeiten in alten Zeiten erst nach Abschluss aller Feldarbeiten gefeiert. Sprich, nach dem Erntefest.
Meine Hochzeit spielt auf einem Erdbeerfeld ab, und die Erdbeeren reifen im Frühsommer. Ein Teil davon ist gelogen. Aber ansonsten ist alles wahr. So wie der Erdbeerbaum.

 

Sunny Strawberry Field
tempera, acrylic on canvas
170×200 cm
2013

 

As you might know, in the past weddings were organised after harvesting was done (after Dazhynki). My wedding is on a strawberry field, and strawberries are ready only in early summer. One part of the former sentence is a lie, but rest is true, of course. So are the strawberry trees.

 

12

Der Traum des Traktoristen
Leinwand, Tempera, Acryl
200×150 cm
2013 г.

 

Auf handgefertigten Teppichen kreierten die Volkskünstler ein Paradies, einen Traum. Sie strickten etwas, was sie nie gesehen hatten. Exotische Blumen, Palmen, Löwen, Tiger, einige fantastische Vögel…
Im Grunde ist es ein weiterer “Heißer Mittag”. Der Traktorist legt sich nach dem Mittagessen für eine Minute hin. Und all das ist entweder geträumt oder eingebildet… oder einfach auf dem Teppich gestrickt.

 

The Dream of a Tractor Driver
 tempera, acrylic on canvas
200х150 cm
2013

 

On self-made Belarusian traditional carpets called “malyavanki” folk artists painted the paradise dream. They painted the unseen: unusual flowers, palm trees, lions, tigers, some fantastic birds …
 A tractor driver has laid down for a minute after the lunch. And all these flowers, trees, lions, birds are either in his dream or are simply painted on the carpet.

 

13

Kartoffelfeen
Leinwand, Tempera, Acryl
120х200 cm
2013

 

Potato Pixies
tempera, acrylic on canvas
120 x 200 cm
2013

 

Some people think that Belarusians do not have enough fries in potatoes.

 

14

Die Unglückliche
Leinwand, Tempera, Acryl
150х150 cm
2013

 

Im Jahr 2013 brach die Afrikanische Schweinepest in Belarus aus. Am 29. August desselben Jahres wurde der Beschluss Nr. 758 des Ministerrates der Republik Belarus erlassen, und viele Dorfbewohner mussten ihre uralte Lebensweise ändern und sich für immer von ihren Haustieren trennen. Manche verkauften sie lebendig, manche verkauften das Fleisch, manche aßen sie selbst.
Ich habe gehört, dass einige sagten, sie würden ihre Freunde nie verkaufen.
Und einer sagte: “Ich kann doch meine Freunde nicht essen.“

 

Miserable
 tempera

acrylic on canvas

150×150 cm
2013

 

In 2013 there was an outbreak of the African swine fever in Belarus. On August 29th of that year the Resolution of the Council of Ministers of the Republic of Belarus № 758 was issued and many villagers had to change their traditional lifestyle — to part forever from their pets. Some people sold them alive, others sold the meat, some ate themselves.
 But I heard, that there were some who said they don’t sell their friends. 
And one said: “I do not eat friends.”

 

15

Iwan-Kupala-Tag
Leinwand, Tempera, Acryl
120х200 cm
2012

 

Starkes Tau am Iwan-Kupala-Tag bringt gute Gurkenernte (ein Omen).

 

Kupalle (Midsummer)
tempera, acrylic on canvas
120 x 200 cm
2012

 

An omen: The yield of cucumbers will be as rich, as the dew on Kupala night.
(Kupala night – a traditional slavic celebration on the day of the summer solstice)

 

16

Wachmann des Kreiswehrersatzamtes
Leinwand, Tempera, Acryl
150х200 cm
2013

 

Ich möchte, dass es in allen Kreiswehrersatzämtern der Welt ruhig und langweilig bleibt, wie im Paradies.

 

The Guard of a Military Office
tempera, acrylic on canvas
150х200 cm
2013

 

I wish all the military enlistment offices all over the world were quiet and dull, like Paradise.

 

17

Ausgereift
Leinwand, Tempera, Acryl
150х200
2013

 

“…Also ist die Tochter, Gesicht voller Pickel, bereits zu einer Braut gereift? Wird wohl eine Brautschau sein, hundert Rubel allein für die Pfannkuchen ausgegeben und sogar der magere Bräutigam singt und tanzt…“

Wladimir Wyssozki, “Die Brautschau”

 

Ripe
tempera, acrylic on canvas
150×200
2013

 

In the olden days in South-East Europe, it was matchmakers to first sign a marriage agreement before bride’s parents. However, there were times when a girl refused. Then matchmakers received a pumpkin as a sign of failure.
In some places this occurs nowadays too.

 

18

Drei Traktorfahrer und ein Hund
Leinwand, Tempera, Acryl
160х200
2013

 

Haben Sie jemals einen Hund gesehen, der allein zum Fluss läuft, um zu baden? Ich auch nicht.

 

Three Tractor Drivers and a Dog
tempera, acrylic on canvas
160 x 200
2013

 

Did you ever see a dog, going for a bathe alone? I did not.

 

Biography

Janna Kapustnikava

Deutsch

Janna Kapustnikava absolvierte alles Mögliche um eine Malerin zu werden: von der Kinderkunstschule zur Kunstakademie. Es dauerte 12 Jahre um richtiges Malen und Zeichnen zu lernen. Seitdem vergingen Jahrzehnte des künstlerischen Schaffens, um vom Erlernten das Gegenteil zu tun.

Nach dem Abschluss der Akademie im Jahr 1994 gelang es Janna, einige Jahre mit dem legendären sowjetischen Ensemble «Pesnyari» unter der Leitung von Vladimir Mulyavin zusammenzuarbeiten. Zur gleichen Zeit arbeitete Sie als Chefmalerin in den Werkstätten des Oper- und Balletttheaters von Belarus, und als Malerin in Film und Fernsehen.

Die vielfältige Arbeit in diversen Bereichen, in der Theater- und Filmindustrie, gefiel ihr sehr, bereicherte und stärkte ihre Fähigkeiten und Ansichten. Allerdings wandte sich Janna um das Jahr 2010 ausschließlich der Malerei zu. Heutzutage bezeichnen die Journalisten Kapustnikava als die wichtigste Punk-Malerin von Belarus.

Das deutet darauf hin, dass all die frühen Jahre und Erfahrungen ihres beruflichen Lebens einen großen Einfluss auf die Malerei haben. Die Arbeit mit der Volkskunst prägte die angewandte Wirkung. Das Theater half ihr in der Praxis, die veralteten Klischees über den negativen Formalismus loszuwerden, und die Konventionalität vollständig zu legalisieren. Filme verliehen jeder Geschichte auf ihren Bildern etwas Dramaturgie (gemeint ist die agrarromantische Serie «Dazhynki»), sowie eine charakteristische Komposition, die an Filmszenen erinnert.

Seit 1994 nimmt Janna teil an diversen Ausstellungen weltweit. Man konnte ihre Werke in diversen Ländern Europas, Amerikas und Afrikas sehen, sowie in Japan und Neuseeland. Die wichtigsten Ausstellungen waren in Estland (Tallinn, Pärnu); Lettland (Riga); China (Peking, Shanghai, Guangzhou); Russland (St. Petersburg); Großbritannien (London); Schweiz (Zürich).

 

” Ich habe zwei Wertekriterien für jegliche Art Beurteilung – authentisch und scheinheilig. Die Konzepte bestehen aus einer Vielzahl von Einzelteilen, die auf Wunsch zerlegt werden können. In der Regel ist jedoch immer klar: Was ist authentisch und was nicht, wer ist authentisch und wer scheinheilig… In meiner Arbeit möchte ich in der ersten Linie authentisch sein und natürlich auch modern, zeitgemäß (ich möchte nicht überheblich klingen)”,

– Janna Kapustnikava über sich selbst.

 

Englisch

Janna Kapustnikava did everything possible to become a painter: from visiting the children’s art school to studying in the art academy. It took her 12 years to study the correct way of painting and drawing, and afterwards decades of work to realize, that it was better to do the opposite.

After graduating from the academy in 1994, Janna worked for several years with the legendary Soviet folk rock ensemble “Pesnyari” under the direction of Vladimir Mulyavin. At the same time, she worked as a chief painter in various projects of the Belarus Opera and Ballet Theatre, and as a painter in film and television productions.

She enjoyed working in those diverse fields, and it definitely enriched and strengthened her skills and extraordinary vision, however, around 2010 Janna turned exclusively to painting. Nowadays journalists call Kapustnikava the most important punk painter of Belarus.

Since 1994 Janna takes part in exhibitions all around the world. Her works could be seen in various countries of Europe, America and Africa, as well as in Japan and New Zealand. The most important exhibitions were in Estonia (Tallinn, Pärnu); Latvia (Riga); China (Beijing, Shanghai, Guangzhou); Russia (St. Petersburg); Great Britain (London); Switzerland (Zurich).

QUO VADIS

Deutsch

Der letzte Block der Ausstellung erzählt die 30-jährige Geschichte des unabhängigen Belarus. Die Fotografen Siarhei und Dmitri Brushko, Vater und Sohn, wurden jeder zu seiner Zeit Zeugen entscheidender Momente der belarusischen Geschichte – des Zusammenbruchs der UdSSR im Jahr 1991 und des Erwachens der Zivilgesellschaft im Jahr 2020.

Die Standhaftigkeit und die Bedeutung jedes noch so kleinen Schrittes wird in den abstrakten Arbeiten des Fotografen und Künstlers Valery Viadrenka neu überdacht. Seine unerwarteten, kontrastreichen Kompositionen drücken die Unausweichlichkeit der Wende aus.

“Magutny Bozha”, gesungen von Naka und Yulia Ruditskaya, ist ein Lied, das zu einer Hymne der Hoffnung und der Gebete für Belarus geworden ist.

Nun, an das Ende gelangt, stehen wir also vor der schwierigen Frage: “Was erwartet uns danach?”

English

The last block of the exhibition tells the 30-year history of independent Belarus. Photographers Siarhei and Dmitri Brushko, father and son, each in their own time witnessed decisive moments in Belarusian history – the collapse of the USSR in 1991 and the awakening of the civil society in 2020.

The steadfastness and significance of each step, no matter how small, is reconsidered in the abstract works of photographer and artist Valery Viadrenka. His unexpected, contrasting compositions express the inevitability of change.

“Magutny Bozha”, performed by Naka and Yulia Ruditskaya, is a song that has become an anthem of hope and prayers for Belarus.

So now, having reached the end, we are faced with the difficult question: “What awaits us afterwards?”

ANTIUTOPIE & WIDERSTAND

Deutsch

Kunst als politisches Werkzeug hilft, die Kluft zwischen der Vergangenheit und der Zukunft zu markieren. Alle zeitgenössischen Künstler, welche wir in diesem Block präsentieren, versuchen auf einer eigenen Art und Weise den entstandenen Bruch zu verarbeiten. Die Performance “Erbe” ist eine Geschichtensammlung diverser verbannter sowjetischer Künstler, deren unschätzbares Erbe in das unabhängige Belarus zurückgekehrt ist, und diesmal vom neuen Regime hinter die autoritären Gitter gebracht wurde. Der Kampf um die verfassungsmäßigen Rechte wird in dem Dokumentarfilm “Route Rebuild” von Maksim Shved fortgesetzt. Die Protagonisten des Films, die Taxifahrer, schaffen es am Vorabend der Wahlen im Gespräch mit den Fahrgästen, die Anzeichen der kommenden Wende zu erkennen, auch wenn diese noch sehr naiv und teilweise unbewusst angedeutet wird.

 

Hanna Murajdas digitale Verlosung “Geboren in Belarus” konfrontiert den Betrachter mit der vielschichtigen belarusischen Realität. Die Grafik von Raman Kaminski ist ein Tagebuch voller Skizzen, in welchen die Banalität des belarusischen Bösen zum Alltag geworden ist. Das visuelle und emotionale Erleben der Ereignisse von 2020 wird in der Sandanimation von Alexandra Konofalskaya und in dem Mediaprojekt “Animatoren für Belarus” ausgedrückt.

English

Art as a political tool helps to mark the gap between the past and the future. Having captured the shifts taking place in contemporary Belarusian society, each of the artists in this block conceptualises it in his or her own way. The performance “Heritage” is a compilation of stories of artists who were exiled by the Soviet authorities, and whose priceless heritage has returned to independent Belarus, and who have been put behind the bars of the new authoritarian regime again. The theme of struggle for constitutional rights is continued in the documentary film “Route Rebuild” by Maksim Shved. The protagonists of the film, taxi drivers, while talking to passengers, manage to capture the unconscious of people on the eve of elections, naive in its own way, but with a clear feeling of anticipating the split of reality.

 

Hanna Murajda’s interactive lottery “You were born in Belarus” confronts the viewer with the multifaceted Belarusian reality and questions the search for one’s identity. Raman Kaminski’s graphics are a diary of sketches, where the banality of the Belarusian evil has become an everyday occurrence. The visual and emotional experience of the 2020 events is expressed in the sand animation by Alexandra Konofalskaya and in the media project “Animators for Belarus”.

ABSURD

Deutsch

Die belarusische Gesellschaft durchläuft eine entscheidende Phase ihrer Formation. Doch wie soll man eine Zivilgesellschaft aufbauen, wenn die gesetzlichen und öffentlichen Instrumente nicht funktionieren? Die Kunst wird zum Weg der Konfrontation und setzt Akzente auf die Problempunkte und sucht dabei die Antworten auf die schwierigen Fragen der Gegenwart. Zwei Multimediaprojekte “Am Rande” und “Keine Worte” von Siarhei Hudzilin beleuchten das Leben des einfachen Menschen, seine Identität und die Suche nach sich selbst. Durch Betrachtung des Alltags wird das belarusische Dasein in seiner Unterwerfung unter die Zensur und die Gesetze zerlegt. Die Monotonie der mehrstöckigen Wohnblöcke in Vlad Shevelevs Fotoserie “Du bist besonders” lädt uns ein, in das Reich der unterschiedlichsten Muster einzutauchen. Die gleichförmigen Fenster füllen den ganzen Raum aus und rauben den Bewohnern jegliche Chance dem Systemelend zu entkommen.

English

Going through a crucial formative period, Belarusian society is being transformed. However, how to build a civil society when legal and social instruments do not work. Art becomes a way to confront and actualise problematic issues, answering the difficult questions it faces. The two multimedia projects “Along the Edge” and “No Words” by Siarhei Hudzilin look at the life of an ordinary man, his identity and search for himself from different angles. Everyday life becomes an important element for understanding what is going on, where there is no freedom of speech and everything is subject to the law from above. The monotonous repetitiveness of Vlad Shevelev’s photo series “You Are Special” immerses us into a sense of system, giving us a clear pattern of behaviour. The squares of windows completely fill the space, suppressing any attempt to escape from the net of the system.

 

 

UTOPIE

Deutsch

Die staatliche Propaganda in Belarus folgt der Ideologie der UdSSR und erzwingt neue Symbole, welche die Gesellschaft zunehmend von der traditionellen Kultur und Identität entfremden. Es bleibt kein Platz für Rede- und Handlungsfreiheit, alles unterliegt einem strengen Kontroll- und Unterdrückungssystem. Der Erntedankfest, einer der wichtigsten Feiertage, blüht buchstäblich in den Gemälden von Janna Kapustnikava auf. Visuell bilden sie eine andere, von der Ideologie verschonte Realität.

In seinem Projekt “Neues Olympia” untersucht Siarhei Hudzilin das Phänomen der Massensportveranstaltungen als wichtiges Element der staatlichen Propaganda. Das Projekt “Orthodoxe Wahlen” zeigt Wahlen als ein Element der politischen Religion, die nichts mit der Demokratie zu tun hat, sondern mit absolutem Glauben.

English

Repeating the experience of the USSR, the state propaganda of modern Belarus imposes new symbols, distancing the nation more and more from its traditional culture and identity. There is no place for freedom of speech and action, everything is subject to a strict system of control and suppression. One of the most important national holidays, Dazhynki, literally blossoms in the paintings of Janna Kapustnikava. Visually rendered as traditional carpets, the paintings represent a different reality hidden from the ideology.  Siarhei Hudzilin’s project “New Olympia” explores the phenomenon of mass sports events as an important element of state propaganda. The “Orthodox Elections” project shows elections as an element of a political religion that has nothing to do with democracy, just faith.

URBILD

Deutsch

Das kulturelle Urbild hat einen enormen Einfluss auf die Selbstbestimmung einer Nation. Die traditionellen Symbole und die rote, archetypische Farbe der belarusischen Kultur, werden zum Bindeglied zwischen den Generationen. Die Künstlerin Cemra reflektiert in ihrem Projekt “Spadchina” (“Erbe”) über den Stellenwert des kulturellen Erbes in der heutigen Belarus und über den Einfluss der alltäglichen Entscheidungen auf ihr kulturelles Umfeld.

 

Das Thema der archaischen Symbole und des Urbildes der belarusischen traditionellen Kultur setzt sich in der Arbeit von Yaugen Shcharbach “12 Apostel” fort.

 

Durch den Dokumentarfilm “Die Lieder des alten Europas” von Volya Dzemka bekommen wir einen besonderen, intimen Einblick in die Welt der Volkslieder, welche mit den Dörfern und ihren Bewohnern dahinschwindet.

English

A nation’s self-determination is impossible without reference to its cultural origins. Traditional symbols and the colour red, one of the archetypal colours of Belarusian culture, become a link and restore the lost memory between generations. The artist Cemra in her project “Spadchina” (“Heritage”) reflects on the place of cultural heritage in contemporary Belarus and how our everyday choices can influence the cultural environment.

 

The theme of archaic symbols and the origins of Belarusian traditional culture continues in the work “12 Apostles” by Yaugen Shcharbach.

 

Through the documentary film “The Songs of Old Europe” by Volya Dzemka we get a special, intimate insight into the world of folk songs, which is fading away with the villages and their inhabitants.