Totale Saturation
Olivia Artner
Elektronik, die Überhandnimmt: Die beiden mit dem 65. Stuttgarter Kompositionspreis ausgezeichneten Werke ‚Ten Bullets Through One Hole‘ von Laure M. Hiendl und ‚pitch study no.1 / contra violin’ von Matthias Kranebitter spielen mit den Machtverhältnissen zwischen Musikerinnen und Elektronik. Im Zentrum steht die Haltung, die Rolle, welche digitale Medien in unserem Leben einnehmen, sowie deren Einsatz im künstlerischen Werk zu reflektieren und zu überdenken, sowie gesellschaftliche Missstände durch schmerzhaftes Aufzeigen bewusst zu machen.
Der Einsatz eines Pitch-Shifters ist nicht neu – die Stimmen aber so zu überdrehen und zu überlagern wie in ‚Ten Bullets Through One Hole‘, erreicht einen grotesken Effekt, welcher sich in der Wahrnehmung der Rezipierenden als bedrohlich und seltsam unmenschlich niederschlägt. Das liege auch daran, erzählte Laure M. Hiendl im Interview, dass die Identifikation mit einer singenden Person auf der Bühne, oder eben auch deren grotesker Verzerrung, durch die selbst erfahrbare Körperlichkeit eine besonders effektive sei.
So ist es auch mit dem Einsatz des Stereo-Tonbandes bei Kranebitter: Zentral ist dabei die Steuerung der Performerin, welche wie eine Maschine auf die ihr zugespielten Signale reagieren muss. Die Machtverhältnisse haben sich komplett gekehrt – das Medium hat die Kontrolle übernommen. Das sonst verglichen mit anderen technologischen Aufwänden “einfache” Stereo-Tonband bekommt dadurch eine völlig neue Bedeutung.
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